Tourentagebuch Norwegen




05.01.2007 Anreise nach Innset
Ein kurzer Hopser aus der Heimatstadt Köln bringt uns nach Frankfurt. Hier beginnt der skandinavische Teil der Reise mit SAS nach Oslo und weiter im Anschluss bis Bardufoss mit SAS/Btraathens. Bereits am Flughafen findet sich das gesamte Expeditionsteam zusammen. Kein Wunder, denn nachdem alle UNO-Soldaten der norwegischen Streitkräfte aus dem Gebäude verschwunden sind, bleiben nicht mehr viele Leute übrig. Björn nimmt uns herzlich in Empfang und die Fahrt zur Huskyfarm kann beginnen. Es ist -8 Grad Celsius und stockfinster. Zur ersten Stärkung nach der Reise gibt es einen riesigen Nudeltopf mit zweierlei Saucen. Die ersten Stunden mit den Hunden sind noch spielerisch.

06.01.2007 Die Rasselbanden werden zusammengestellt
Ingo bekommt (in Reihenfolge nach dem Leithund) Seven (blau), Siri(rot), Oskar(rot), Scott(blau), Bams(blau), Laika(weiss) und Ben(rot). Die Farben geben die Stärke und Größe der Geschirre wieder, die jeder Hund an jedem Tag der Reise angezogen bekommt. Bei Kai machen es sich Sisu(rot), Socke(rot), Meilo(blau), Helle(weiss), Mari(blau) und Tiro(weiss) bequem. Die Temperaturen fallen konstant auf derzeit -13 Grad am Mittag, der etwas heller ist als gedacht. Die Sonne schafft es allerdings während der ganzen Expedition nie über den Horizont. Das vorhandene Licht spendet hauptsächlich der gewaltige Mond. Das erste Beschnuppern fällt bei dem angenehmen Wetter mit strahlenblauem Himmel besonders leicht. Zum Abendessen hat Regina einen halbenm Lachs gedünstet. In dem Gästehaus wurde dann abends noch locker 'Adel verpflichtet' und 'Power-Mau-Mau' gespielt mit Nicolai aus der Vorgänger-Gruppe, Claudia, Ingo und Kai. Mit der richtigen Menge Tee-Rum ging es dann auch...

07.01.2007 Training Day
Zuerst einmal die Hunde angeschirrt, dann nacheinander mit Björn die Platzrunde um die Farm gedreht. Anschliessend die umfassende Sicherheitseinweisung und Besonderheiten der Tour, check der Ausrüstung und das Packen der Schlitten. Derweil hat Regina eine weitere Lachs-Variante gezaubert. Spinat-Lasagne. Ob das die Entschädigung im vorraus für Björns Kochkünste ist? Des nachts werden die Namen der Hunde heruntergebetet, nachdem man sich stundenlang in der Kälte gegenseitig etwas näher kennengelernt hat (Laika, Du Biest!). Ebenso die wenigen Befehle, hier ohne orthographische Gewähr:
links - venstre
rechts - höre
los - Jaw!
stop - stooooo...
Aus! - Fü!
Die Fahrer werden ausgiebigst beschnüffelt. Siri schmeisst sich sofort auf den Rücken für die optimale Streichelposition, Scott, mein Diabetiker-Hund (wie sich noch herausstellt) bekommt 'heimlich' Sonderfutter. Man kann sich vorstellen, wie man heimlich, von 39 Augenpaaren beobachtet, Futter verteilt.... bei so feinen Nasen! Bams, Leika und Oskar springen an mir hoch bis sie fast ersticken und der kräftige Spitzbergen-Veteran Ben will raufen (soll er haben). Der Leithund Seven im Zwinger kuschelt sich so eng wie möglich an den Zaun, um auch gekrault zu werden. Mal schauen, ob sie mich morgen nach der Etappe noch anschauen. Kai und ich haben unheimlich viel Spaß mit den Vierpfotern...

08.01.2007 Innset - Laavu
Start der Expedition über den zugefrorenen Altevatn. Die Hunde bellen sich die Kehlen wund als es endlich losgeht. Sofort kehrt eine gespenstische Ruhe beim Gespann ein. Hochkonzentriert geht es durch die Felder und Wälder Richtung Eis. Kai startet mit durchgebissener Leine. Ein störendes Phänomen, daß uns noch ab und zu begegnet. Für die Eindrücke können nur die Bilder sprechen. Das Gefühl der Grenzenlosigkeit ist überwältigend. Ein Blick über die endlosen Eisflächen und die ganze Welt bleibt zurück...
Die Temperaturen bleiben konstant bei knapp -15 Grad, das Wetter ist perfekt und glasklar und ohne Probleme erreichen wir am 'abend' erreichen wir unsere Bleibe für die Nacht: ein fest installiertes Allwetterzelt. Man muss nur kurz die dicke Eisschicht innen abklopfen, mit der Schaufel Schnee herankarren für den Tee, Holz hacken, die Hunde anleinen, ausschirren, Füttern, loben, die Shlitten entladen, die Felle ausbreiten, die Ausrüstung kontrollieren, jedem bei kleinen und großen Problemen helfen. Als Entschädigung gibt es ein unheimliches und wundervolles Wolfsgeheul-Konzert als Dankeschön für das Abendessen (gefrorener Fleischblock am Stück). Erst dann können wir uns den dampfenden Spagetti Bolognese widmen. Ein Festmahl! Im Zelt entdecken wir auch den gesuchten Kuhfuß...

09.01.2007 Über den Altevatn
Der kritische Start geht wieder schief. Bei der steilen Abfahrt verabschiedet sich einer der Fahrer von seinem Schlitten und gefährtdet so die Hunde. Gott sei Dank bleibt den Schatzsuchern dieser Moment gänzlich unbekannt. Den Hunden ist auch nichts passiert und kurze Zeit später ist auch der Schlitten eingeholt. Die Reise kann weiter gehen. Aber das Glück ist launisch und verzeiht nicht. Das Wetter schlägt um, die normalerweise angenehme, trockene Kälte gewinnt viel an Feuchtigkeit. Alles beginnt einzufrieren, selbst die Augenbrauen und Wimpern bekommen kleine Eiskügelchen. Hat etwas Schlafzimmerblick-artiges. Später kommt noch Nebel dazu, Eisbrüche mit Wasseraustritt, Sturm und Felskanten nach den vereisten Sümpfen. Das Abenteuer beginnt! Wir erreichen mit schweren Schritten durch den hohen Schnee mitten im aufkeimenden Sturm die neuerrichtete RancherhütteHütte. Die Temperaturen steigen auf -5 Grad an! Natürlich wollen auch bei ungemütlichem Wetter die Hunde versorgt werden, vom ausgeprägten Kuscheltrieb bei dem Wetter mal ganz zu schweigen. Doch kurz nach dem Fressen sind nur noch kleine, zusammengerollte Schneehügel auszumachen. Jetzt heisst es eingraben und abwarten. Zu unserer großen Überraschung ist in der (eiskalten) Hütte eine Sauna versteckt. Keine 30 Minuten nach dem Einzug hat der kleine Holzofen den Raum auf knapp 95 Grad hochgeheizt. Mehr Holz war noch nie in einem Ofen dieser Größe! Zwischendurch geht es raus in den nun tobenden Sturm mit seinen inzwischen -25 Grad. Die Eiskristalle bohren sich bei den Windgeschwindigkeiten wie Messer in die Haut. Abends kreist zur Entspannung die zweite Flasche Rum der Schatzsucher.

10.01.2007 Sturmtag
Nichts hat sich gebessert. Wir sitzen in einem Luxusgefängniss mitten im schlimmsten Schneesturm fest. Die Hunde lassen sich nicht blicken und bleiben verborgen (ausser zur Fütterung). Bleibt nur die Sauna und die Gewissheit zum Toilettengang aus dem Haus zu müssen. Die Schneewehen sind inzwischen höher als das Haus! Also klettern, Schneesturm abbekommen und im Toilettenhaus über die Schneekante nach unten springen, die Tür gegen den Sturm aufreissen und sich gar nicht auf den eigentlich kurzen Rückweg freuen. Kann allerdings sein, daß man auf dem Rückweg auf Nackte im Tiefschnee trifft. Es sollte sich dabei eigentlich nur um Hirngespinnst kümmern (oder Kai und Ingo). Also am Besten gar nicht beachten. Und was geschieht am Abend dieses 'Verlorenen' Tages? Nordlichter! Der Himmel ist plötzlich glasklar, der Sturm verschwunden und der ganze Himmel ist in kristallenes grün getaucht. Eine flimmernde Gestalt, die den Blick auf die Sterne nicht trübt. Unglaublich! Das Spektakel ist nur einige Minuten zu sehen, aber es wiederholt sich im Laufe der Nacht noch einige Male. Das Glück wendet sich wieder. Wir beenden den Tag mit bestem Käse-Fondue

11.01.2007
Der Expeditionsplan muss an das Wetter angepasst werden. Der Abstecher in den Nationalpark im Dreiländereck muss ausfallen, dafür hat der Altevatn unsere Gesellschaaft etwas länger als gedacht. Bei -27 Grad geht es über die Eispiste. Der Sturm hat immer wieder hohe Schneewehen aufgehäuft, die schwer zu befahren sind. Die lange und anstrengende Fahrt wird am Abend mit bestem Elch gekrönt, in der Nacht im Zelt erscheinen die schönsten Nordlichter. Umgeben von heulenden Wölfen mit erhabenen Blick über den Altevatn und die umliegenden Berge neigt sich einer der anstrengensten und wundervollsten Tage dem Ende.

12.01.2007 Auf nach Innset
Klirrende Kälte mit -27 Grad treibt uns an den Heimweg anzutreten. Die Hunde freuen sich auch schon auf die Freunde auf der Huskyfarm und geben nochmal alles. Jetzt macht sich so richtig bemerkbar zu welchen Leistungen diese Tiere in der Lage sind. Mitten auf dem See treffen wir auf eine andere Gruppe auf der Gegenrichtung. Die ersten Menschen seit Tagen! Die Hunde heben stolz ihre Köpfe und begrüßen sich unendlich laut. Aber Disziplin und Zurückhaltung sind hier oberstes Prinzip und Ehrensache für die Leithunde. Natürlich wird anschliessend jeder Millimeter der Strecke beschnüffelt und markiert... man ist ja schliesslich nicht irgendwer. Die Abfahrt zur Farm ist ein Kapitel für sich. Man nehme eine Bande unbändiger Hunde, die ihre Hütte richen, eine dünne Eisschicht (auf der man nicht bremsen kann), totalen Kontrollverlust des Fahres, einen Wald mit vielen Kurven zur Talfahrt und eine Geschwindigkeit, die zwar nicht meßbar, aber definitiv VIEL zu hoch ist. Dann noch ein kleiner Hüpfer über den Wassergraben vor der Farm und schon ist man im wildesten Galopp auf dem Hof angekommen, zusammen mit einem Knäul wild bellender Hunde. Ein unfassbares Erlebnis!